Der heutige – nicht ausschließlich, aber oftmals woke und linke – Antisemitismus hat viel mehr Parallelen zum Antisemitismus der Nazis, als man auf den ersten Blick vermuten könnte. Hier findest du ein paar davon.
Um zu verstehen, was nun kommt, ist ein grundlegender Gedanke wichtig, schau mal, ob du dem folgen kannst. Es ist dieser: Nazis war nicht Leute, die morgens aufwachten und überlegten: “Was können wir wohl heute an Bösen anstellen”. Nein, es waren keine Dämonen oder Genozid-Monster. Es waren Menschen wie du und ich. Ihre Träume, Pläne und Taten waren überlegt und in in ihren Augen vernünftig und gut begründet. Sie wurden – jedenfalls von den führenden Köpfen – ausgeführt mit bestem Gewissen als etwas Nötiges zum Erhalt des deutschen Volkes, zu dem es (aus Sicht der Nazis) realistischerweise keine Alternative gab.
Ausgehend von dieser Annahme (zu finden beispielsweise bei Hannah Arendt “Die Banalität des Bösen”) können wir nun auf ein paar – in meinen Augen überraschende – Gemeinsamkeiten zwischen damaligem und heutigem Antisemitismus schauen:
- Ich hab ja nix gegen Juden, aber… und dann kommt als Argument wahlweise der Zionismus, die Israel-Freundlichkeit der amerikanischen Evangelikalen, das ‘weiße Kolonisationsprojekt Israel’, die Siedlungspolitik, die Tatsache, dass sich ein demokratischer Staat ‘jüdisch’ nennt oder Kritik an Benjamin Netanjahu als fauliges Kristallisationsobjekt für alles hier Genannte.
Wusstest Du, dass auch Hitler genaugenommen auch nichts gegen Juden hatte? Das mag verwundern, aber für ihn ging es nicht um die Frage, ob ein einzelner Jude gut oder böse war. Es ging ihm vielmehr um die Frage der “Rassenbestimmung”. Nach Hitlers Auffassung war die Rassenbestimmung der Deutschen, die Welt zu beherrschen um die gesund und stark zu machen – während die Rassenbestimmung der Juden es war, die Welt durch parasitäres Verhalten zugrunde zu richten. Diese Denkweise an einem Beispiel verdeutlicht: Einem Arzt ist es auch völlig egal, ob ein einzelner MRSA (Multiresistenter Krankenhauskeim) wohl gut oder böse sei – sie müssen ausgerottet werden, weil die einfach den Organismus des Menschen bedrohen. So sah Hitler die Juden in Verbindung mit dem Deutschen Volk, mit Europa und am Ende mit der Welt.
Hier ist die Parallele zum heutigen Antisemitismus: Es geht nicht um die Frage, ob ein einzelner Jude gut oder böse ist, es geht um die Gesamtstruktur, um Prinzipien. Erst auf dieser Grundlage geht es dann gegen einzelne Juden.
2. Wissenschaftlichkeit der Argumente: Hitler war ein zutiefst reflektierter Mensch. Er wollte wirklich die wahre Natur der Dinge verstehen und hinter Zusammenhänge schauen. Lange vor seiner “Machtergreifung” brachte er seine Ideen und Rückschlüsse zu Papier. Sein Werk “Mein Kampf” ist bis heute ein Bestseller in der Türkei und arabischen Ländern (siehe z.B. hier, ein Artikel der TAZ: https://taz.de/Mein-Kampf-in-der-Tuerkei/!5609262/ ).
Auch der heutige, vor allem der linke Antisemitismus hat ein reflektiertes, wissenschaftliches Fundament, natürlich auf ganz anderen Ebenen. Genannt seien hier ganz besonders die wissenschaftlichen Ansätze Postkolonialer Studien oder die Postkoloniale Theorie.
Es gibt in der Wissenschaftlichkeit der Begründungen des Antisemitismus allerdings einen interessanten Unterschied von damals zu heute: die heutigen Begründungen sind sehr neu, oft nicht mal ein Jahrzehnt alt, während sich Hitler auf (natürlich aus seiner Sicht) erprobte, fundierte und seit langem weithin akzeptierte wissenschaftliche Erkenntnisse seiner Zeit stützen und berufen konnte.
3. Das gute Gewissen: Da in den Augen der führenden Nazis die Juden wirklich die größte Bedrohung für das Überleben Deutschlands und Europas darstellten, war es absolut richtig, sie zu töten. Kommt das bekannt vor? Heute ist Israel (oder der ‘Zionismus’) wieder die größte Bedrohung – wahlweise je nach Argument für den Frieden im Nahen Osten, den Weltfrieden oder für die Palästinenser. Vor dieser Bedrohung gehört es für viele zur moralischen Selbstverständlichkeit, gegen Israel zu sein.
Zusammenfassend kann man sagen, dass damals wie heute bestimmte Ideen, wissenschaftlich untermauert, zu einer Annahme der Alternativlosigkeit führten, aufgrund derer ganz normale Menschen mit bestem Gewissen gegen Juden und gegen Zionismus waren und sich für die furchtbarsten Taten einspannen ließen – oder um sie selbst proaktiv zu planen und auszuführen.
Ich frage mich, wieweit selbst Menschen, die keine Antisemiten sind, beeinflusst werden von diesen oben genannten, mächtigen Wirklinien? Nehmen wir z.B. die deutsche und europäische Obsession mit der “Zwei-Staaten-Lösung”: Obwohl die Palästinenser das nicht wollen (sie möchten bekanntlich das ganze Land “from the river to the sea”) und obwohl die Zwei-Staaten-Lösung ohne Erfolg bereits 2x versucht wurde (einmal in der Aufteilung des Landes in Israel und Jordanien (1947) und dann nochmal beim völligen Abzug der Israelis aus dem Gaza-Streifen (2005), hält die deutsche und die europäische Politik als “alternativlos” daran fest. Woher kommt diese unglaubliche Überheblichkeit bei bestem Gewissen, mit der wir den Juden unsere Lösung aufdrängen oder überstülpen wollen? Und übrigens nur den Juden: Für Kurden, Drusen, Taiwanesen, Tibeter, Katalanen und für unzählige andere Völker, die vergleichbare Probleme haben, kommt eine “Zwei-Staaten-Lösung” offensichtlich nicht in Frage. Aber wir wissen ganz genau, auf was Juden sich gefälligst einlassen müssen.
Nur mal als Vergleich: Was wäre der normale Umgang mit der Situation? Die Bewohner Gazas haben einen Angriffskrieg begonnen und diesen nun verloren. Die Siegermächte bestimmen, wie es weitergeht und was wie aufgeteilt wird. So war das ganz normal und selbstverständlich in Potsdam vor genau 80 Jahren (17.Juli bis 2.August 1045). Wer saß in Potsdam am Tisch? Die Mächte, die Nazideutschland niedergerungen hatten. Niemand sonst. Kein Indonesier, kein Peruaner und auch kein Grönländer. Diese hatten für diesen Sieg keinen Tropfen Blut vergossen – und somit auch kein Mitspracherecht. Mir ist auch nicht bekannt, dass sie sich eingemischt hätten. So einfach und klar ist das. Nur den Juden wollen wir Deutschen und wir Europäer schon gerne vorschreiben, wie das nun zu laufen hat…
Ich frage mich halt, ob solche Arroganz und Überheblichkeit ganz ohne eine gewisse Beeinflussung durch die o.g. drei Punkte möglich wäre – und glaube es nicht!
Einen nachdenklichen Tag wünscht
Bernd
Wesentliche Ideen dieses Artikels verdanke ich Baton Swaim, Stanford, und dem WSJ





















