…und erleben jetzt die Osterwoche in Antigua/Guate. Das Event heißt “Semana Santa”. Stellt Euch einfach vor, es ist wie deutsche Weihnachten, zusammengedrängt in einer Woche und von Aufwand und Farbenfreude mindestens mal 10. Weltberühmt, hier sind Menschen aus der ganzen Welt, um diese Woche zu erleben. Vor allem natürlich Katholiken, aber davon das volle Spektrum von ganz fromm zu einfach nur neugierig. Ich muss euch einfach ein paar Bilder zeigen:




In der ganzen Innenstadt werden solche Bilder ausgelegt, sie bestehen aus gefärbten Holzschnitzeln und Früchten oder Gemüse. Es können Teppich-Ornamente oder auch christliche Symbole sein. Die jeweiligen Anwohner geben sich unglaubliche Mühe, ihr Kunstwerk so akkurat wie möglich hinzubekommen. So verwandeln sie ihre Stadt in ein farbenfrohes, wunderschönes Gemälde. Was man hier nicht sieht: Guatemala ist ein Entwicklungsland. Viele sind bettelarm – aber für “Semana Santa” ist ihnen kein Aufwand zu groß!
Wenn die bunten Teppiche liegen, kann es losgehen: Für die Prozession gibt es riesige Laden, die ein bisschen an Kölner Karnevals-Umzugs-Wagen erinnern. Sie sind aber länger und aus massivem Holz. Oben sind Kreuzigungsszenen dargestellt – oft überlebensgroß. Diese Laden haben jedoch keine Räder: ihr tonnenschweres Gewicht ruht auf unzähligen Schultern. Es sind Menschen, die Jesu Leid mittragen wollen. Hier erstmal ein Eindruck solch einer Lade:

Am unteren Rand der Lade seht ihr unzählige, kleine Halbmonde. Das sind ledergepolsterte Aussparungen für die Schultern derer, die sie Tragen werden. Damit sich diese Lade fortbewegen kann und nichts schiefgeht, verständigen sich die Träger durch Klopfzeichen, die auch im Straßenlärm vom Holz übertragen werden, so dass jeder weiß, was zu tun ist. Nach dieser kleinen Einführung seid ihr bereit für einen lebendigen Eindruck des Ganzen. Das Filmchen ist von Gestern:
Ein Fun-Fact: Habt ihr die Jungs mit den langen Stangen bemerkt? Sie heben die frei laufenden Oberleitungen an, damit Jesus nicht auch noch einen Stromschlag bekommt…
Mich fasziniert die Hingabe dieser vielen Menschen. Mitten in ihrer Armut und ihrem Mangel feiern sie Ostern als gäbe es kein Morgen – oder besser: Als wäre es der Morgen! Und sie haben völlig recht – die Passion und Auferstehung Jesu gehören nach ganz oben im christlichen Festkalender. Und ja, wir feiern darin die Zukunft voller Hoffnung, die so lange verheißen war und durch Jesu Opfer möglich wurde!
Gleichzeitig hat mich eine Sache traurig gemacht: Wie kann ein Volk, das so im Osterglauben verwurzelt ist, im Alltag so wenig daraus machen? Guatemala ist ein Land voller Unsicherheit, Gewalt, Korruption, No-Go-Areas. Das Fahrzeug, das uns unsere neue Verwandtschaft zur Verfügung gestellt hat, ist gepanzert – und das ist gut so! Es kann auch nicht überall abgestellt werden – besonders in Guatemala-City nur auf bewachten Parkplätzen. Wie traurig ist das denn: Das Evangelium und überhaupt die Bibel enthält so viele Ansätze zum gesunden Aufbau des persönlichen Lebens und der Gesellschaft – wird es befolgt, geht es aufwärts! Aber davon ist hier wenig zu merken, leider.
Mich hat der gestrige Tag noch einmal bestärkt: Ich möchte mehr denn je alles, was Gott uns durch Jesus in den beiden Testamenten geschenkt hat, nicht nur glauben – sondern es möglichst umfassend auch leben! Und im Vertrauen auf Jesus erwarten, dass es sich auswirkt – immer in Richtung Heil und Heilung, in Richtung gesunde Beziehungen und immer hin zu gelingender Lebensführung. Für den Einzelnen – aber auch für die ganze Gemeinschaft! Wenn jeder dieses Anliegen an der Stelle, an der er sich von Gott hingestellt weiß, nach vorne bringt – dann kann das nur gut werden!
Soviel für heute,
Dein Bernd