Freiheit in der Kirche

Gestern Abend hab ich den “Geruch der Freiheit” auf so wohltuende Weise erlebt, dass ich das unbedingt berichten muss. Es war ein Kreis von 10 Personen in der kleinen evangelischen Freikirche an der Nordseeküste, deren Pastor ich seit einiger Zeit sein darf. Lauter Menschen, die daran interessiert sind, Gottesdienste zu gestalten. Gottesdienste, aus denen niemand mehr gelangweilt oder frustriert weglaufen muss. Vielleicht sogar Gottesdienste, die als Musterveranstaltungen taugen. Und diese Gruppe hat das Mandat der Gemeinde, sich tatsächlich praktisch daran zu versuchen. Das nächste Mal konkret am 31.03. Als die mit einigem Abstand älteste Person im Raum durfte ich während des ganzen Abends ein inneres Fest feiern! Ich hoffe, es gelingt zu beschreiben, warum das so war:

Wir hatten fast zwei Stunden gemeinsamen Reflektierens, Betens, Beratens, Planens und “sich Trauens” auch halbgare Gedanken zu äussern, die oftmals von anderen dann aufgenommen und konkretisiert wurden. In dieser Zeit fand sich so gut wie kein Geltungsbedürfnis, kein ungestümer “Sturm und Drang”, kein “schau mich an, wie gut ich bin”, und verschwindend wenig Empfindlichkeit, Angst und Sorge. Es gab auch kein Parteiengeplänkel – sondern: Junge Menschen nutzten einen Raum der Freiheit, der ihnen geboten wurde, dazu, weitgehend unaufgeregt einfach auf die Stimme des Heiligen Geistes zu hören. Ihr Herz miteinander zu teilen. Sie nutzten ihre Chance, ohne traditionelle Fesseln und andere Hemmnisse zeitgemäße Zugänge zum Wesenskern christlichen Glaubens zu suchen. Mutig und voller Freude. In dieser Arbeitsatmosphäre wurde mehr von “Herz Jesu” deutlich als in mancher Predigt.

Dabei ging es weniger um harte Fakten oder Strukturen – sondern um einen gemeinsamen, inneren Weg. Es war ein Weg des Glaubens von echter Klarheit und Schönheit, den wir zusammen beschritten haben. Übrigens keineswegs als elitärer Kreis, denn zu dem Abend war ungefähr die doppelte Anzahl Menschen eingeladen, jedoch mit der Maßgabe, dass nur kommen sollte, wer wirklich Lust und Zeit und Möglichkeit hat.

Ich bin gestern nach Haus gefahren in dem Bewußtein: Wenn Liturgen (Gottesdienstgestalter) überall soviel Freiheit hätten und so zusammenarbeiten würden, dann wären die Kirchen in unserem Land wesentlich voller – weil die Schönheit des Evangeliums in einer völlig anderen Dimension zur Geltung kommen würde!

Wenn nun Teilnehmer des gestrigen Abends empfinden, diese Einschätzung sei zu rosarot – dann widerspreche ich direkt und werfe das Gewicht des Lebensalters und jahrzehntelanger pastoraler Erfahrung in die Waagschale: Was wir erlebt haben, war von so atemberaubend genialer geistlicher Intensität – es ist kaum möglich, zu übertreiben. Ich freue mich total auf den 31.03. – wer jetzt neugierig wurde, kann gerne längs kommen, ist öffentlich 🙂

Euer

Bernd Kollmann

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