Je älter ich werde, desto mehr empfinde ich, dass ganz schön viele Dinge miteinander zusammenhängen. Aktuell fiel mir heute auf, wie sehr der deutsche Atomausstieg verbunden ist mit unserem Vertrauen – und damit, worauf wir wirklich setzen, wenn es drauf ankommt. Wer Lust hat, mit mir darüber nachzudenken, der ist nun willkommen, diese 5 Minuten zu investieren.
Wir gehen als Deutsche mal wieder einen Sonderweg. Die meisten anderen Nationen (außer natürlich solche internationalen Größen wie Luxemburg oder Österreich) investieren in neue Atomtechnik, um riesige Mengen CO2-neutralen und grundlastfähigen Stroms zu produzieren, der auch dann fließt, wenn es dunkel und windstill ist. Wir hingegen schalten unsere Meiler ab und fühlen uns gut und vorbildhaft damit. Mir kommt bei solchen deutschen Sonderwegen immer der Satz in den Sinn “am deutschen Wesen soll die Welt genesen”. Denn Ähnliches haben wir oft versucht. Doch es hat irgendwie noch nie so richtig geklappt.
Was hat uns dazu gebracht, den Atomausstieg zu beginnen und nun final durchzuziehen? Dazu fällt sofort Chernobyl und Fukushima ein. Diese beiden Namen stehen nicht nur für verunglückte Kernkraftwerke, sondern in besonderer Weise auch für das, worauf wir setzen und auf das wir vertrauen – oder eben nicht. Denn beide Meiler und die damit verbundenen Ereignisse haben mit unseren hiesigen Kernkraftwerken wenig bis nichts zu tun – trotzdem konnten sie den Weg in unseren Ausstieg aus dieser Technologie besiegeln. Das möchte ich kurz erläutern:
Der Atomunfall von Chernobyl hat dort stattgefunden, wo mit veralteter Technik, ungenügender Wartung, mangelhafter Kontrolle und mit korrupten Eliten zu rechnen ist. Alles zusammengefasst sind das fein ausgedrückt ‘eklatante Defizite in der Sicherheitskultur’. Oder in meiner Sprache: Fehlende bzw. kranke Werte haben durchgeschlagen auf die Alltagspraxis im Betrieb eines riesigen Atommeilers und in die Katastrophe geführt.
All dies hat mit uns in Deutschland ungefähr so viel zu tun wie die Müllabfuhr von Kalkutta mit einem deutschen Recyclinghof. Umso spannender sind die Rückschlüsse, die wir aus diesen Katastrophen gezogen haben: Naheliegend wäre es gewesen, auf unsere Sicherheits-Standards hierzulande zu verweisen, auf die Kompetenz unserer Bediener und Kontrolleure und auf die grundlegend anderen Werte unserer Kultur. Davon überzeugt zu sein, darauf zu setzen, zu vertrauen – und diese Elemente zu stärken – das wäre es gewesen. Doch wir machten es anders: Wir setzten voll darauf – und ganz besonders dann Angela Merkel – dass genau das Gleiche auch bei uns hätte geschehen können. Anstatt auf unsere Werte zu vertrauen vertrauten wir auf die Möglichkeit der Katastrophe. Dann kam Fukushima. Ein anders gelagerter Fall – aber wieder einer, der bei uns niemals eintreten kann: Es gibt bei uns einfach keine Tsunamis. Und falls doch – wir sind im wesentlichen ein Binnenland, unsere Kernkraftwerke stehen an Flüssen, nicht am Hochseestrand. Doch statt uns selbst zu unserer – für Kernkraftwerke – vorteilhaften Geographie zu beglückwünschen und darauf zu vertrauen, dass diese Gegebenheiten sich nicht schnell ändern werden, schlossen wir wieder aus Fukushima auf unsere Kraftwerke: “Hilfe, genau das Gleiche kann auch bei uns passieren!” Als Konsequenz beschleunigten wir mit Vollgas auf unserem deutschen Sonderweg.
Diese Geisteshaltung hat sehr viel mit der Gesinnung jedes Einzelnen zu tun – wie gesagt: Vieles hängt miteinander zusammen. Und jetzt wird es persönlich – mit sechs Fragen:
- Auf was setzt Du?
- Was oder wem gehört dein Vertrauen?
- Ganz ehrlich: Wie sehr vertraust Du Deinem Urteilsvermögen?
- Wie sehr setzt Du darauf, dass du bisher auf die richtigen Werte gebaut hat und dass es sich lohnt, weiter darauf zu bauen (z.B. Ehrlichkeit, Treue, Männlichkeit, Weiblichkeit, Tapferkeit…)?
- Kannst Du darauf bauen, in die richtigen Dinge investiert zu haben (z.B. Ehe, Freundschaften, Kompetenzen, Hauskauf…)?
- Wie stark ist Dein Vertrauen darauf, dass dieser Weg, den Du nun mit einen Werten und deinen Investments zurückgelegt hast, der Richtige war und ist – und dass es zutiefst Sinn macht, ihn weiterzugehen?
Wenn Du ein typischer Vertreter deutscher Geisteshaltung bist – wie beim oben Kernkraftausstieg beschrieben – dann konntest Du die sechs Fragen im vorigen Absatz wahrscheinlich eher nicht mit einem fröhlichen “JA!” beantworten. Dann bist du vielleicht verunsichert und schaust eher sorgenvoll bis verängstigt auf die Situation deines Lebens, unseres Landes und der Welt. Dann neigst Du eventuell dazu, Deine Hoffnung zu einem guten Teil auf die Daseinsfürsorge des Staates zu setzen (Olaf Scholz: “You never walk alone”). Vielleicht bist Du sogar dankbar für die ständigen neuen Regeln und Verbote, die unsere Regierung seit einiger Zeit – besonders seit Pandemie-Zeiten – aufstellt. Weil dir das einen Hauch von Sicherheit verspricht – oder dir wenigstens das Gefühl gibt, bei Einhaltung irgendwie auf der richtigen Seite zu stehen.
Die sechs Fragen oben würde ich am liebsten laut bejubeln – ja, darauf zu setzen, das ist Leben! Ich tue es sehr gerne. Und mit wachsender Begeisterung. Denn: Es ist herrlich, die Früchte dieses Weges heranreifen zu sehen und zunehmend genießen zu dürfen.
Natürlich ist die Frage berechtigt – und ich höre sie schon kommen: Woher weißt du eigentlich, dass du die richtigen Werte gewählt hast? Die richtigen Investitionen getätigt? Und was macht dich so sicher, dass dies auch in der Zukunft Sinn macht? Gerade dann, wenn sie die Lebensumstände rasant verändern?
Die Wahrheit ist: Es gibt keine absolute Sicherheit – nur eine verlässliche Tendenz. Die Werte, Investitionen und Strategien fürs Leben versuche ich – so gut es geht – abzuleiten aus der Bibel. Aus dem alten Buch, an dem sich schon viele Generationen vor mir orientiert haben. Für mich ist es das Wort Gottes, geschenkt als Kompass in verwirrender Zeit. Der Nutzwert dieses Kompasses (bei eifrigem Gebrauch) wird sehr treffend im Hebräerbrief Kap. 5 Vers 17 erläutert – ich zitiere:
Erwachsene aber brauchen feste Nahrung – solche Leute nämlich, die durch beharrliche Übung ihr Wahrnehmungsvermögen geschärft haben, um Gut und Böse zu unterscheiden.
Warum gibt es dennoch keine “absolute Sicherheit”? Weil die Werte und Wahrheiten der Bibel zu übersetzen sind ins heutige Leben. Weil es dauernd Verständnisfragen zu klären gibt – und immer etwas zu korrigieren. Weil niemand unfehlbar die Ideallinie nach dem Wort Gottes fahren kann und wird. Wer dies behauptet ist ein Sektierer und Rattenfänger. Deshalb ist das Projekt “Orientierung am Wort Gottes als feste Grundlage fürs Leben” auch ein Erwachsenenprojekt, etwas für reife Persönlichkeiten, wie das in dem o.g. Satz aus dem Hebräerbrief deutlich wird. Denn zur Wahrheit gehört: Auch mit den reinsten Absichten stolpern und hinken wir auf dem besten Weg. Wir verlaufen uns hin uns wieder und gehen auch mal in die Irre. Das bedeutet: Weiter lernen, korrigierend und manchmal einfach tastend und fühlend den richtigen Weg neu erspüren. Aus Erfahrungen lernen, statt sie zu wiederholen. Wohl dem, der daran nicht verzweifelt oder verbittert. Wie gut, dass wir auf diesem Weg nicht alleine sind – Jesus Christus ist vorangegangen, um den Weg zu bahnen, das freundliche Angesicht des Vaters strahlt über uns, um uns zu ermutigen und der Heilige Geist geht mit, um Tipps zu geben und neue Perspektiven zu schenken.
In all dem, was heute verunsichert und das Leben kompliziert macht, ist dieser der beste Weg, den ich kenne.
Mit herzlichen Frühingsgrüßen
Dein Bernd