‘Ribat’, seine Bedeutung für den Nahostkonflikt …und seine Konsequenzen für uns in Europa

Haben Sie dieses Wort schon mal gehört? Ribat? Es erklärt, warum es zwischen Palästinensern und Israelis kaum endgültigen Frieden geben kann – egal, wie sehr alle möglichen Seiten und Initiativen sich darum bemühen. Und es beinhaltet eine wichtige Einsicht für uns Europäer.

Erstmal eine Vorbemerkung: Die Argumente dieses Artikels sind belegbar, alle Angaben sind leicht überprüfbar und es kommt wenig Neues in Fakten. Das Spannende ist die Erkenntnis, wie die beschriebenen Fakten zusammenwirken und was ihr Zusammenwirken heute ausrichtet – mit einem möglichen Ausblick des Umgangs damit. Auf Wunsch einiger Blog-Leser findet Ihr unten einige Links und Quellenangeben.

Wir beginnen bei der Bedeutung “islamisches Land”: Muslime denken ihre Religion weniger individuell und persönlich, sondern empfinden eine starke religiöse Bindung an das Land. Jeder Quadratmeter, der einmal muslimisch ist, muss es auch bleiben. Das bedeutet: Ein ehemals muslimischer Landstrich, auf dem der Gebetsruf nicht mehr ertönt und auf dem die Scharia keine Gültigkeit mehr hat, ist für fromme Muslime eine irritierende, schmerzhafte Wunde und ein Affront gegen Allah.

Ausgehend von diesem Gedanken spielen die Grenzen – also jene Gebiete, bei denen ein muslimisches Gebiet an ein Christliches grenzt, eine wichtige Rolle. Städte, Siedlungen oder auch nur Lager an diesen Grenzen werden als Frontbereiche angesehen. Besonders dort, wo der Islam einmal Fuß gefasst hat und gewaltsam aufgehalten wurde oder gar zurückgedrängt wurde ist Ribat. ‘Ribat’ kommt von der arabischen Wortwurzel “Band” (رباط). Die Idee dahinter ist, dass es einen Platz bezeichnet, an dem man eben mal kurz die Pferde anbindet um Kraft zu sammeln für den verpflichtenden Eroberungs- oder Vernichtungsfeldzug, mit die Ziel, islamischen Boden zurückzugewinnen oder zu erweitern.

Es gibt Städte, die diesen Gedanken im Namen tragen, wie z.B. Rabat, die Hauptstadt von Marokko. Diese Stadt war ursprünglich ein muslimischer Vorposten in einem Gebiet voller Piraten und christlicher Barbaren (aus muslimischer Sicht), der Name blieb leicht abgeändert bis heute.

Was es bedeutet, in der Nähe eines muslimischen Vorposten (Ribat) zu leben, kann man bis heute auf der spanischen Landkarte sehen: Der Fluss Douro, der in Spanien von Osten Richtung Westen fließt, war lange die Frontlinie zwischen dem islamischen “al-Andalus” im Süden und dem christlichen Königreich Leon im Norden. Nördlich und südlich dieses Flusses sind bis heute weite Gebiete Steppe oder Wüste. Den Grund dafür finden wir bei Ibn Hudhayl al-Fazārī al-Gharnāṭī, ein islamischer Poet aus Granada, verstorben 1409:

“Es ist zulässig, Feindesland unter Feuer zu setzen, auch seine Getreidespeicher und seine Tragtiere zu verbrennen – falls es den Muslimen nicht möglich ist, Besitz davon zu ergreifen. Ebenso die Bäume zu fällen, seine Städte zu zerstören – mit einem Wort: Alles zu tun, das geeignet ist, den Feind zu ruinieren oder zu entmutigen. Vorausgesetzt, der Imam befürwortet diese Aktionen und befindet sie dem Zwecke dienlich, die Islamisierung voranzutreiben oder den Feind zu schwächen. Alles dient dem Triumph über den Feind oder seiner Kapitulation.”

Mit anderen Worten: Kannst Du angrenzendes Gebiet nicht islamisch machen, zerstöre es. So wie das im Koran, Sure 3, 200 angedeutet ist: “O die ihr glaubt, geduldet euch, haltet standhaft aus, seid kampfbereit (Verbform von “ribat”) und fürchtet Allah, auf dass es euch wohl ergehen möge!”

Kurz gesagt: Ribats sind geschichtlich gesehen Ketten jihadistischer Grenzbefestigungen, um Nicht-Muslime zu überfallen und ihre Ländereien einzunehmen oder -falls das nicht gelingt – zu verwüsten.

Im deutschen Wikipedia wird “Ribat” als Demarkationslinie zu nichtislamischen, meist christlichen Gebieten bezeichnet. Dabei kommt gut zum Ausdruck, dass Muslime ihren Glauben weniger individuell denken, sondern eher auf der Basis von Land, das entweder muslimisch oder nicht-muslimisch ist.

Die englischsprachige Wikipedia geht weiter. Hier findet sich unter “Ribat” ein erhellender Absatz unter der Überschrift “Common use”, bei dem auch ein Bezug zum Gaza-Israel-Konflikt hergestellt wird. Ich zitiere diesen Abschnitt hier und versuche dann eine sinngemäße Übersetzung:

“Contemporary use of the term ribat is common among jihadi groups such as al-Qaeda or the Islamic State of Iraq and the Levant. The term has also been used by Salafi-Jihadis operating in the Gaza Strip. In their terminology, ʻArḍ al-Ribat “Land of the Ribat” is a name for Palestine, with the literal meaning of “the land of standing vigilant watch on the frontier”, understood in the context of their ideology of global jihad…”.

“Der Begriff ‘Ribat’ ist heute gängig unter jihadistischen Gruppen wie Al-Quaida oder IS. Der Begriff wird auch benutzt bei salafistischen Jihadis, die im Gaza-Streifen aktiv sind. ‘Ard al-Ribat’, also ‘Land des Ribat’ ist ein Name für Palästina, mit der wörtlichen Bedeutung: ‘das Land der wachsamen Wächter an der Grenze” – so verstanden im Kontext des globalen Jihad…”

Bezogen auf den Gaza-Israel-Konflikt: Vor dem Hintergrund des Land-Begriffs im Islam ist es völlig unerheblich, ob das Kernland Israel, auch z.B. TelAviv oder Haifa, irgendwann in der Geschichte für 1 Jahr, für 10, oder für 100 Jahre unter muslimischer Herrschaft war. Es handelt sich um muslimisches Land und so bleibt es für alle Zeit. Die Tatsache, dass dort kein Gebetsruf ertönt und die Scharia nicht ausgeübt wird, ist eine schlimme, immer irritierende Wunde im Bewusstsein jedes frommen Moslem – und ein Dauer-Affront gegen Allah. Es gibt nur eine Möglichkeit, diese Wunde zu heilen: Indem das ganze Land “From the River to the Sea” (vom Jordan bis zum Mittelmeer) muslimisch wird – oder verwüstet. Dafür zuständig und verantwortlich sind die Bewohner des ‘Ribat’.

Wie soll es mit dieser Denkweise zu einem dauerhaften Frieden kommen? Es ist nach logischen Gesichtspunkten schwer möglich: Der ganze Gaza-Streifen ist “Ribat” – ein muslimischer Vorposten an der Grenze eines Gebiets, das einmal muslimisch war und deshalb wieder muslimisch werden muss – oder der Vernichtung anheimfallen soll. Vor Allah fühlen sich muslimische Bewohner von Gaza verantwortlich dafür, in diesem Sinn eine gute Ribat-Belegschaft zu sein.

Mit anderen Worten: Unsere westliche Sicht “dort wurde Hass gesät und jetzt erntet Israel die Früchte dieses Hasses von Generationen” ist nur oberflächlich richtig. Es ist vielleicht ein zusätzlicher Grund oder ein Brandverstärker. Die Glut jedoch schwelt völlig unabhängig vom Verhalten der Israelis – sie ist im Islam angelegt durch die Konzepte des “muslimischen Bodens” und der “Ribat”.

Was bedeutet das für uns in Europa oder für Deutschland?

Durchgängig muslimische Stadtteile sind vor dem Hintergrund des oben dargelegten Sachverhalts brandgefährlich. Sobald ein Quartier offensichtlich muslimisch ist, ist es nur eine Frage der Zeit, bis ein Imam beim Freitagsgebet erklärt, dass jetzt dieses Gebiet (z.B. das Frankfurter Bahnhofsviertel oder Berlin-Neukölln) legitime muslimische Erde ist. Als nächstes wird er erklären, und dass es sich bei diesem Gebiet wegen der christlichen oder “ungläubigen” Umgebung um ein “Ribat” handelt. Auf diese Weise würden alle frommen Muslime sozusagen “scharf gestellt” – sie hätten sogar einen Titel, es wären fortan ‘Murabits’ – eine Art Frontsoldaten im Vorposten von Allahs Reich, deren Aufgabe es ist, wachsam und kampfbereit zu sein, um die “andere Seite” entweder muslimisch zu machen oder zu vernichten. Das Tragische dabei: Solch ein Statement wäre nicht die Einzelmeinung eines extremen Imam, sondern lediglich der Aufruf dazu, uralte koranbasierte Werte auf die aktuelle Faktenlage in Deutschland anzuwenden.

Anders gesagt: Wer im Konflikt mit Muslimen, die irgendetwas mit Land oder Boden zu tun haben, auf Hass und Gewalt schaut, blickt auf oberflächliche Symptome, die Ursachen für Konflikte liegen tiefer. Deshalb ist auch die Bekämpfung oder Vermeidung von Hass und Gewalt im Konflikt mit Muslimen nicht die Lösung, so sehr sich das mit unserer westlichen Brille betrachtet auch aufdrängen mag. Weil Hass, Gewalt, Unrecht oder auch Kolonialsünden nicht die grundlegenden Ursachen sind.

Vor diesem Hintergrund machen die aktuellen skandinavischen Gesetzesvorstöße (Schweden und Dänemark), die darauf zielen, muslimische Ballungszentren zu vermeiden, viel Sinn. Wir sollten von ihnen lernen und auch bei uns in Deutschland dafür sorgen, dass es keine Konzentrationen rein muslimischer Wohnviertel gibt. Dass es islamistischen Imamen nicht so leicht gemacht wird, ganze Wohnviertel durch eine Predigt nach Belieben ‘scharf stellen’ zu können, indem sie diese (1) zur islamischen Erde erklären (2) die Einwohner auf einen ‘Ribat’ einschwören – und ihnen (3) den Titel ‘Murabit’ verleihen. Das mag sich für unsere Ohren fremd und radikal anhören, vom islamischen Standpunkt her gedacht ist es vollkommen klar und logisch. Die einzige Möglichkeit, diesen – islamisch gedacht – zwingenden Ablauf zu stoppen ist die Bildung rein muslimischer Communities in Deutschland und Europa zu vermeiden. Diese Chance ist der entscheidende Unterschied unserer europäischen Situation zu Israel: Wir können (wenn wir wollen) noch gestalten, die Israelis können nur reagieren.

Nachsatz: Ich hab länger nichts geschrieben, weil ich fand, dass es so viel gibt, was überall berichtet wird – mit diesem Artikel habe ich nun ein wichtiges Thema gefunden, das man ansonsten kaum so findet – für mich ein Grund, nun wieder aktiv zu werden.

Ein gesegnetes Advents- und Weihnachtsfest allen,

Euer Bernd

Weiterführende Links und Quellenageben:

Für Leser mit wissenschaftlichem Anspruch ein Aufsatz zum Thema mit vielen weiteren Quellenangeben:

https://www.palestine-studies.org/sites/default/files/jq-articles/Pages_from_JQ_72_-_Schmitt_0.pdf

Hier das Thema in leichterem Englisch: ‘Israel’s (and the West’s) Islamic Enclaves Problem’, siehe beim ‘Middle East Forum’, z.B, diesen Artikel

https://www.meforum.org/65176/israel-and-the-wests-islamic-ribat-problem

Hier der Link zur englischsprachen Wikipedia zum Thema:

https://en.wikipedia.org/wiki/Ribat

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