“I’m very much down to earth, just not this earth.” ― Karl Lagerfeld

Über Karl Lagerfeld wurde dieser Tag viel gesagt und geschrieben – mir gefällt dieser Satz von ihm – noch mehr: ich finde ihn genial! Obwohl ich die Standpunkte und Werte dieses Hamburger Jung’ bei weitem nicht teile, hat mich seine Aussage getroffen, denn da möchte ich hin: Mit beiden Beinen, nüchtern, bodenständig und unerschütterlich auf den Tatsachen stehen, die das beste Fundament sind, das man sich überhaupt vorstellen kann. Aus meiner Sicht ist das Gottes ewiges Reich, gegründet auf seinen Zusagen, nicht von dieser Welt aber noch realer und vor allem beständiger als alles, was vor Augen ist. Darin fest gegründet zu sein, um dann zu erleben, dass dies lebenstüchiger macht und besseres Gelingen ermöglicht als jeder Vernunftschluss in den Denkkategorien der sichtbaren Welt – in dieser Richtung möchte ich unterwegs sein. Und der berühmteste Modeschöpfer erinnert mich daran.

Danke Karl!

Wie im wahren Leben!

Heute, bei herrlichstem Flugwetter…

Was mich an der Imkerei fasziniert? Es ist wie das wirklich wahre, also das real existierende Leben im Kleinformat: Damit es gelingt, ist ein bisschen grundsätzliches Verständnis für Zusammenhänge nötig (einen Kurs besuchen oder ein gutes Buch konsultieren), dazu jemand, der einen an der Hand nimmt (der sogn. Bienenvater), ein entschiedenes Vorgehen gegen Feinde und Parasiten, die das Gelingen bedrohen (z.B. Varroa-Milbe) und die Bereitschaft, sich immer wieder flexibel auf neue Umstände einzulassen, Entscheidungen zu treffen und diese auch direkt konsequent umzusetzen. Mit dazu gehört eine dauernde Kontrolle des Fortschritts (alle 7 Tage reinschauen). Ausserdem die Bereitschaft, in gutes Material zu investieren. Dann der richtige Umgang mit dem Output (nicht immer nur Honig verschenken, sondern ihn irgendwie auch vermarkten), da sonst auf Dauer der Aufwand unbefriedigend bleibt. Und: Wer all das beachtet ist keineswegs automatisch auf der sicheren Seite, sondern erlebt immernoch herausfordernde Überraschungen!

Es ist also tatsächlich wie im richtigen Leben! Mit einem Unterschied: Geht das mit dem Imkern mal gründlich schief, werden die Völker eingehen. Dann kommt man beim örtlichen Profi angekrochen und kauft sich ein Volk (wenn man Geld hat) oder einen Ableger (wenn Ebbe in der Kasse). An diesem Punkt hinkt der Vergleich mit dem Leben. Wenn da nämlich Dinge trotz aller Sorgfalt und Mühe schieflaufen, kann man sich nicht einfach ein Neues besorgen! Auch dann, wenn ich nichts dafür kann, weil äussere Umstände meine Misere verschuldet haben, sitze ich da und muss es auslöffeln. An dieser Stelle kommt der Glaube ins Spiel: Wie cool ist es, einem Gott vertrauen zu können, der seinen Sohn Mensch werden ließ. Der unser Menschsein ganz durchlebt und durchlitten hat. Ein Gott mit dieser Innensicht unserer Umstände ist genial: Egal ob sich meine Fragen auf Vernunft, Gefühl, Interaktion mit anderen, Vergangenheit, Gegenwart oder Zukunft beziehen, egal ob es sich um vorhersehbare Entwicklungen oder böse Überraschungen handelt – Jesus hat das alles durch! Und er ist mehr als bereit, jedem, der ihm Vertrauen schenkt, durch seinen Heiligen Geist zur Seite zu stehen.

Meine Bienen erinnern mich daran, wie komplex das Leben ist – aber auch daran, wie toll es ist, jederzeit mit dem in Verbindung treten zu können, der nicht nur alles so gründlich übersieht wie der kompetenteste Imker – jetzt wird es surreal – sondern der sich selbst dazu herablässt, wie jede andere Biene in diesem Volk zu leben – aus Freundschaft und Liebe zu diesen Geschöpfen. Was für ein Gott!

In der Hoffnung auf volle Töpfe in diesem Jahr grüßt Euch

Bernd Kollmann

Wenn jemand gehen möchte…

Was sagt das Brexit-Elend eigentlich über das Wesen und den Charakter der EU aus? Ich finde es erstaunlich, dass dies praktisch nicht diskutiert wird. Hier ist Raum dafür.

Ich bin evangelischer Pastor in einer Freikirche. Das hat mehr Parallelen mit der EU, als man auf den ersten Blick annehmen würde. Aus der Innensicht kann ich sagen: Freikirchler verlangen sich selbst und anderen eine Menge ab. Gemeindliches Engagement, finanzielle Hingabe, ein hoher Grad von Identifikation mit dem “Werk des Herrn” wie es im Namen der betreffenden Kirche betrieben wird. Selbstverständlich sind Sonntags alle da, die wirklich dazugehören. Bei älteren Gemeindegliedern gehört es oft zum guten Ton, sich beim Pastor abzumelden, wenn sie ausnahmsweise nicht dabei sein können.

Jetzt wird es sensibel: Was unterscheidet solch eine Freikirche von einer Sekte? Unter anderem die Haltung den Menschen gegenüber, die sie verlassen wollen: Nein, das sind keine Verräter. Nein, die müssen ihren Austritt nicht aufwändig begründen. Nein, sie sind dann keine Ausgestossenen. Und Nachzahlungen werden nicht verlangt – auch dann nicht, wenn der Austretende erst letzte Woche noch ein teures Immobilienprojekt mitbeschlossen hat, das die Gemeinde über Jahrzehnte belasten wird. Es wird auch weder gewarnt von solchen Menschen, noch werden finstere Vorahnungen darüber verbreitet, was dieser Schritt wohl für spätere Auswirkungen haben wird. Und es werden keine Drohkulissen für andere aufgebaut, die auch mit dem Gedanken spielen. Es ist dann keine Sekte, wenn Austrittswillige in einer segnenden Haltung würdig verabschiedet werden. Und wenn solch eine Kirche ehrlich dazu steht, dass der neue, andere Weg, den Austrittswillige einschlagen, aus Gründen dran ist, die intern auf Grund der Begeisterung fürs eigene “Gemeindeprojekt” zwar wenig nachvollziehbar sind, aber die Entscheidung dennoch voll respektiert wird,

Neben dem Evangelium, das uns mit anderen Kirchen verbindet, sind die o.g. Dinge einer der “Lackmustests” in Sachen Sekte.

Die EU ist auch ein Herzensprojekt. Und Scheidung tut weh. Leider wirkt einiges im Umgang mit den Briten ganz schön sektiererisch: Immer mehr wird klar, dass der harte Umgang mit dem Brexit andere abschrecken soll, es auch zu versuchen. Statt die Briten in Würde ziehen zu lassen, werden möglichst viele Hürden aufgebaut. Während Flüchtlinge aus aller Welt einfach rein dürfen, wird in Nordirland mit der Androhung einer befestigten Außengrenze gespielt. Wie doppelbödig ist das denn? Sollen hier Mitglieder mit der Peitsche bei der Stange gehalten werden?

Wie gut würde es der EU zu Gesicht stehen, sich selbst nicht als Gängelverein für Nationen zu generieren, sondern als Ort der Freiheit und des gemeinsamen Wohlstands. Wie erfolgreich könnte dieses Projekt sein, wenn jedem Mitglied bewusst wäre, dass der Mehrwert einer Mitgliedschaft alle damit verbundenen Mühen weit übersteigt! Wer gehen will, darf seinen Weg und sein Glück gerne selbst suchen. Leider muten solche Gedanken im Brexit-Rummel utopisch an – und satt dem Geruch der Freiheit steigt ein gewisser europäischer Sektengeruch auf.

Darf ich zum Abschluss noch etwas schwärmen? Wie schön, dass es Gemeinde gibt! Menschen, die gemeinsam unterwegs sind, um Abenteuer mit Gott zu erleben. In großer Freiheit. Mit Respekt füreinander. Auch für die Menschen, die andere Wege für sich entdeckt haben. Der Mehrwert von Christsein in einer Gemeinde ist so eindeutig, dass es NICHTS kostet, eine maximal segnende Haltung denen gegenüber einzunehmen, die gehen möchten! Freie Menschen leben Christsein gemeinsam, werden heil und stark. Nicht Gleichmacherei ist gemeint – vielmehr darf in einem gesunden Klima des Wachstums jeder zur gottgeplanten genialst-möglichen Ausgabe seiner selbst heranwachsen. Zur eigenen Freude und zu Gottes Ehre. Das macht für mich Gemeinde aus!

Mit einem wild pochenden Finger aus den UKSH verabschiedet Euch in die Nacht

Euer Bernd Kollmann

UKSH

Habe gestern leider den linken Zeigefinger verletzt.

Mit meiner Bandsäge. Im Fachjargon: “Sub-Amputation”.

Ein toller Handchirurg am Uniklinikum Kiel hat alles gegeben und das meiste wiederhergestellt. Bin total dankbar, aber hänge hier im Krankenhaus erstmal fest. Rechne damit, aufs Wochenende rauszukommen.

Euer Bernd Kollnann

Manchmal steckt in einem kleinen Satz mehr Wahrheit und Einsicht, als man glaubt…

Als Jürgen von der Lippe in der “Bild am Sonntag” mit der Feststellung konfrontiert wurde, dass er über den Islam keine Witze machen würde, antwortete er “Da ist mir mein Leben wichtiger als ein guter Gag”.

Die Einschüchterung hat also funktioniert. Die Islamisten haben gewonnen. Über die Komödianten. Ach ja – und eine witzige Mohammed-Karikatur habe ich auch schon lange nicht mehr gesehen. Wer ist als nächstes dran? Alle hängen an ihrem Leben. Das gab es schon einmal: Anfang der 70er Jahre verbreitete die RAF Angst und Schrecken. Damals konnte die Zivilisation in unserem Land diese Bedrohung noch abschütteln, die “wehrhafte Demokratie” hat über die Barbarei gesiegt. Wie wird es diesmal ausgehen?

Nach der hausgemachten Barbarei des “dritten Reiches” ist uns ein unglaublicher Schatz in die Hände gefallen: Eine Kultur, aufgebaut auf der Unantastbarkeit der Menschenwürde, auf Freiheit und freie Meinungsäußerung. Komiker und Kabarettisten haben uns auf lustige Weise immer wieder daran erinnert – jetzt ist das offensichtlich nicht mehr möglich. Sie brauchen die “Schere im Kopf”, damit sie nicht fürchten müssen, denselben zu verlieren. Ich frage mich, wie ernst man diese Anzeichen nehmen sollte? Vielleicht sind ja Komiker für eine Gesellschaft auch so etwas wie die Kanarienvögel für Bergleute: Wenn die nicht mehr singen, dann ist die Umgebungsluft giftig.

Ich hoffe sehr, dass auch diesmal die Zivilisation über die Barbarei siegt. Für mich, für meine Kinder und für die Migranten in unserem Land – denn wo sollten die hin, wenn es bei uns jetzt auch losgeht?

Eine mutige Woche wünscht

Bernd Kollmann

Supermond

Auch wenn nicht jeder den “Blutmond” vor zwei Tagen gesehen hat – der Vollmond gestern war schon recht eindrucksvoll. Wer sich nochmal davon inspirieren lassen möchte, hier ein Song, der dazu einlädt:

Ja, ich weiß: für manchen Geschmack war das etwas sehr zuckersüß. Sicher nix für Freunde etwas härterer Musik. Aber in mancher Hinsicht besser als “Der Mond ist aufgegangen…”.

Wie “lunar” ist Ihr Leben?
Für die meisten Völker auf Erden spielt die Sonne die wichtigste Rolle. Sie wird verehrt, vergöttert und nach ihr werden die meisten Kalender justiert. Ein Volk jedoch ist nicht solar, sondern lunar, also ganz auf den Mond ausgerichtet: Das Volk Israel. Es hat einen Mondkalender und all seine vielfältigen Feste richten sich streng nach den Mondphasen. Die Israeliten – ein Volk, das sich also nicht selbst als das wahre Licht sieht, sondern es nach dem eigenen Selbstverständnis nur wiederspiegelt. Aber auch geschichtlich kann man Parallelen ziehen: Durch die Jahrhunderte kam es immer wieder vor, dass Israel mal in gewissem Glanz erstrahlte um dann abzunehmen und hin und wieder auch völlig zu verschwinden. So gesehen ist dieses Volk aktuell nur eine schmale Mondsichel, denn von den 12 Stämmen, die das Volk Israel ausmacht, sind 11 zur Zeit unsichtbar, verschwunden, unter andere Völker zerstreut. Und auch die Schoa lässt sich so einordnen: Sie ist der jüdische Blutmond schlechthin.

Nun zu uns: Wie “lunar” sind wir? Wie ist das – betrachten wir uns selbst als den Mittelpunkt, als den Nabel des Systems – oder reflektieren wir das Licht eines anderen? Ich wünsche mir das Zweite für mein Leben: Als Gottes Ebenbild etwas von seiner Herrlichkeit zu reflektieren. Sich so “lunar” zu verstehen ist entspannter als sich selbst immer so wichtig zu nehmen! Und es ist auch entspannend, nicht immer “voll” da sein zu müssen – es gibt im Leben Phasen, die eben dunkler sind. Wer sich “lunar” versteht, muss so etwas nicht gleich als Beinbruch empfinden und in Selbstmitleid und Frust versinken. Statt dessen können wir überlegen: Wo sind die Bereiche, in denen ich nach einem schlimmen Rückschritt auch wieder “aufgehen” kann?

Ich wünsche Ihnen mit diesem Impuls eine gelingende Woche – ob Sie nun gerade mit den ganzen Sternen “voll” um die Wette strahlen oder ob Sie sich wie ein Neumond darauf vorbereiten, demnächst wieder am Firmament ihrer Umgebung zu erscheinen…

Ihr Bernd Kollmann

Irgendwas Gutes an Männern?

Mitten in meine Vorbereitung für einen Lehrabend am 29.01. kommt ganz aktuell dieses Werbevideo von Gilette. Thema: “toxic masculinity” also “vergiftete Männlichkeit”. Böse (natürlich durchweg weiße) Jungs benehmen sich wie Schweine. Der Männerchor am Grill bestätigt, dass dies typisch sei für ihr Geschlecht: Jungs sind halt Jungs. Zum Glück werden sie von einigen netten Jungs (gerne auch mal eher dunkel oder farbig) zurechtgewiesen. Aber das reicht nicht: Weil Männlichkeit im Kern so rott ist, müssen alle Männer sich anstrengen, um endlich für Besserung zu sorgen. Stimmt dieses düstere Bild?

Jetzt mal nüchtern betrachtet: Wann hat das letzte mal eine Horde Jungs wirklich ein pummeliges Kind gehetzt? War das nicht 1974 in Gelsenkirchen? Und ist Rauferei zwischen Jungs auf dem Spielplatz wirklich ein soziales Problem? Echt jetzt? Trotzdem bleibt die Frage: Müssen Männer als Männer sich Sorgen machen, in Schuld und Scham versinken – und ist es überhaupt angemessen, noch etwas Positives an Männlichkeit zu finden? Darüber möchte ich nachdenken – auf der Grundlage, dass es Gott selbst ist, der Frauen und Männer in ihrer Gegensätzlichkeit und füreinander geschaffen hat und seine Schöpfung als “sehr gut” ansieht.

Eine Sache übrigens bekommt der Spot ganz gut hin: Das Werk unterstreicht eindrucksvoll, dass es das Beste für ein Kind ist, nicht nur mit Müttern, sondern eben auch mit Vätern aufzuwachsen. Väter, die im Alltag ihrer Söhne und Töchter da sind, Väter die Zeit haben und Väter als Vorbilder – hier dürfen sie es gerne sein, von ihren Jungs mit großen Augen beobachtet. Väter, die ein echtes, positives Erbe hinterlassen! Diese nicht mehr selbstverständliche Botschaft wird richtig gut auf den Punkt gebracht.

Ich freue mich schon darauf, am 29. Januar über Männlichkeit – und natürlich auch über Weiblichkeit – reflektieren zu können!

Bis dann?

Euer Bernd

Seid umschlungen, Millionen…

…dieser Kuss gehört der Welt. So dichtete Friedrich Schiller vor knapp 250 Jahren. Aus diesem Gedicht, das Beethoven vertonte, wurde unter dem Titel “An die Freude” die Nationalhymne Europas. Die Ideen, die diesem Werk zugrunde liegen, wurden zu den grundlegenden Idealen Europas: Offene Grenzen und die Brüderlichkeit aller Menschen. Der Zauber der Freude verbindet, überwindet alle Teilungen und Menschen werden Brüder. Als Angela Merkel unsere Grenzen für Flüchtlinge öffnete, handelte sie ganz in diesem Geist.

Heute hören wir viel von Mauern. Europa perfektioniert seine Cybermauern und Firewalls, um russische und chinesische Staatshacker und andere unangenehme und schädliche Zeitgenossen aussenvor zu halten. Donald Trump möchte sein Land Richtung Süden abriegeln, um Wirtschaftsflüchtlingen aus Zentralamerika keinen unkontrollierten Zugang zu ermöglichen.

Das ist unsere Gelegenheit, die Idee von Mauern anhand der Bibel zu überprüfen. Jenseits aller Aufgeregtheit. Mein Zugang zum Wort Gottes ist die grundsätzliche Annahme, dass es sich hierbei um seit Jahrtausenden erprobte Wahrheit handelt, die zwar hin und wieder missbraucht wurde, jedoch in der Summe unglaubliche Erfolgsgeschichten ermöglich hat.

In der Bibel spielt die Idee der Abgrenzung eine große Rolle. Von den 66 Büchern der Heiligen Schrift ist ein ganzes Buch (!) dem Mauerbau gewidmet. Es ist das Buch Nehemia – gerade in dieser Zeit eine sehr empfehlenswerte Lektüre. Ich wundere mich, dass unsere wichtigen Theologen und die großen Kirchen so wenig über dieses Thema von der Bibel her sprechen. Hier ist der Platz dafür:

“Gott hat das ganze Menschengeschlecht geschaffen, damit es die Erde bewohnt, so weit sie reicht. Er hat die Grenzen ihrer Wohnstätten festgelegt.” So Paulus sinngemäß in seiner Rede auf dem Areopag (Apostelgeschichte Kap. 17 Vers 26). Hier bündeln sich wie in einem Brennglas biblische Wahrheiten über Weite und Großzügigkeit einerseits und Grenzen mit Mauern andrerseits: Gott ist ein Gott der Weite. Er vertraut uns seine ganze Schöpfung an. Zu unserer Freude, um sie zu entdecken und nutzbar zu machen, um verantwortlich mit ihr umzugehen und sie gemeinsam zu genießen. Auf der anderen Seite sind Grenzen erforderlich. Der Grund? Die Menschheit als Ganzes hat keine absoluten gemeinsamen Werte, akzeptiert keine “eine Wahrheit” – die Welt ist eher wie ein großer Markt der Möglichkeiten, die miteinander im Wettstreit liegen. Nur ein Beispiel: Für Chinesen ist es eine Ehre, die guten Ideen anderer aufzunehmen und zu kopieren. Für uns in Europa ist es ehrenvoll, die guten Ideen anderer zu achten und wie persönliches Eigentum zu schützen. Da diese beiden Ansätze nicht vereinbar sind, ist Europa derzeit massiv dabei, gesetzliche Mauern zu erreichten, um geistiges Eigentum und europäische Innovationskraft zu verteidigen.

Was ist mit Mauern gegen Menschen? Das Wort Gottes kennt Mauern zum Schutz, nicht aus Hass. Jemand sagte kürzlich “Wir errichten keine Mauern, weil wir andere hassen, sondern weil wir die Menschen, die wir damit schützen, lieb haben”. So ist auch das Mauer-Buch der Bibel, Nehemia, zu verstehen.

Dennoch sind die verschiedenen Mauern (wirtschaftliche, rechtliche oder die Personenfreizügigkeit betreffende) nicht so unterschiedlich wie das scheint. Menschen sind zutiefst geprägt von ihrer jeweiligen Gesellschaftsordnung. Und die Gesellschaftsordnungen dieser Welt liegen im Wettstreit miteinander. Solange der nicht mit kriegerischen Mitteln ausgetragen wird, sondern fair vonstatten geht, ist das nichts Schlechtes: denn nur so offenbaren sich Irrwege oder zeigt sich, was das Zeug zur Erfolgsgeschichte hat. Scheitert nun ein Gesellschaftssystem so grandios, dass sich seine Teilnehmer zur Flucht entscheiden, kommt die Grenze oder Mauer ins Spiel: Sie ist es, die den Flüchtenden damit konfrontiert, dass er nun sein altes Gesellschaftssystem verlässt und ein anderes betritt. Dass von jetzt an andere Regeln herrschen, dass in einer anderen Sprache gesprochen wird und dass er nur dann willkommen ist, wenn er sich in das neue Gesellschaftssystem einfügt.

Idealerweise stehen an der Grenze Menschen, die das abfragen. Oder einer Gesellschaft gelingt es, auf andere Weise klar zu machen, dass ab dieser Grenzlinie ein bestimmter Konsens unter Menschen herrscht, der als Grund dafür angesehen wird, dass dieses Gesellschaftssystem erfolgreicher ist als das, aus dem der Migrant fliehen musste.

Der Staat Israel im Alten Testament hatte kein Grenzregime, aber eine Gesetzgebung, die sehr intensiv auf das Zusammenspiel des Fremden mit dem Einheimischen einging. Statt mit einer physischen Mauer schaffen sie es, ihre Werte und Gesellschaftsnormen in der Gesetzgebung so deutlich zu machen, dass niemand im Unklaren darüber blieb, wie die Spielregeln waren. Auf den so gesetzten Grundlagen konnten sie jeden Fremden willkommen heißen, ohne dass dadurch ihr eigenes, erfolgreiches Gesellschaftssystem in Frage gestellt wurde. Aus dieser Tatsache kann man ableiten, dass eine physische Mauer die primitive Lösung für ein Problem ist, für das es vor Jahrtausenden bereits elegantere Lösungsansätze gab.

Nicht weit von dem Platz, an dem ich diese Zeilen schreibe, ist eine Grenze. An der Grenzlinie stehen Paramilitärs, also Bürger in Uniform, die jedem Vorbeifahrenden in die Augen schauen und darüber entscheiden, ob die Polizei (die auch zugegen ist) direkt eine Kontrolle durchführen wird. Wer als Flüchtling hier einreist, ist sich bewusst, dass er eine Sprache lernen muss, die von nur fünf Millionen Menschen gesprochen wird. Es hat sich auch herumgesprochen, dass direkt mit der Einreise für jeden Flüchtling eine volle 38-Stunden-Woche der Integration beginnt.

Auf diese Weise versucht ein kleines Königreich, Grenzen zu ziehen und jedem deutlich zu machen, dass hier ein anderes, offensichtlich erfolgreiches Gesellschaftssystem vertreten wird, von dem einige Aspekte als Kompromisslos betrachtet werden. Ich sage nicht, dass diese Vorgehensweise der Weisheit letzter Schluss ist – aber ich sehe, wie intensiv die Bibel mit diesem Thema umgeht, und wie das Wort Gottes uns damit ermutigt, den Dingen nicht einfach ihren Lauf zu lassen. Auch wir werden nicht umhin kommen, hier bei uns mit dieser Thematik zu ringen, um irgendwann zu einer klaren Lösung zu finden. Die Alternative ist die Auflösung unserer Gesellschaft. Damit wäre jedoch keinem gedient – weder uns, noch den Flüchtlingen – denn wo sollten die dann hin? Wer jetzt Lust hat, zur Flüchtlingsproblematik mal etwas Ermutigendes zu lesen: Ich empfehle eine erfolgreiche Migrantengeschichte. Lesen Sie das biblische Buch “Rut”. Spannend, romantisch und ganz nah am Thema.

In diesem Sinne grüßt Euch ein nachdenklicher, aber hoffnungsfroher

Bernd Kollmann

Wir haben die Wahl…

Es ist unglaublich: Einerseits leben wir in einer Welt, in der Hugh Herr, ein Mensch ohne Beine, mit seiner Firma MIT im Jahr 2018 den Durchbruch geschafft hat in eine neue Dimension der Biometrik: Künstliche Gliedmassen, die sich durch Gedanken bewegen lassen. Siehe

https://www.youtube.com/watch?v=CDsNZJTWw0w

Schauen Sie von diesem Video einfach die letzten 4 Minuten – auch wenn Sie kein Englisch verstehen: Die junge Frau verlor beim islamistischen Terroranschlag beim Boston-Marathon 2013 ein Bein und tanzt hier zum ersten mal wieder. Die beiden Jungs, die nach der Tanzeinlage auf die Bühne kommen, haben die biometrischen Ersatzteile gebaut, die dieses Wunder ermöglichen. Welche Kreativität! Was für Innovation! Welch ein Segen!

Zur gleichen Zeit auf dem gleichen Globus verhungern Menschen im Jemen und im Süd-Sudan. In Venezuela wird eine vergleichsweise wohlhabende Volkswirtschaft durch sozialistische Versuche so gründlich zerstört, dass bettelarme Venezulaner als Wirtschaftsflüchtlinge in Kolumbien (!) Zuflucht suchen.

Was sind die Gründe für dieses furchtbare Gefälle in dieser unseren kleinen, einen Welt, in der wir alle leben? Jane Jacobs, Stadtplanerin und Autorin des einflussreichsten Buches über Stadtplanung der letzten Jahrzehnte, lehrt es so: “Gründe für die Armut zu suchen ist eine intellektuelle Sackgasse, denn Armut braucht keine Gründe. Nur für Wohlstand gibt es Gründe.” Das ist eine kluge Beobachtung, die sich auch in der Bibel finden lässt. So heißt es in der Schrift sinngemäss: “Einfach nur nichts tun führt dazu, dass Mangel und Armut über dich kommen wie unverschämte Menschen, ja wie Räuber (z.B. Sprüche 6,11 und 24,34). Wie unverschämte Menschen und Räuber keine besonderen Gründe brauchen, so wenig Gründe brauchen Armut und Mangel – sie kommen einfach über Menschen, Gesellschaften und ganze Länder.

Gehen wir das Thema von der anderen Seite an: Wenn es also eine Sackgasse ist, über die Gründe für Armut nachzudenken, was sind dann die Gründe für den Wohlstand? Wo ist der Schlüssel, wenn es denn einen gibt? Es gibt ihn tatsächlich:

Das Wunder des modernen Lebens mit all seinen unglaublichen Möglichkeiten und genialen Resultaten hat eine grundlegende Quelle: Arbeitsteilung! So einfach ist das: Arbeitsteilung ist der Zaubertrank oder der Raketentreibstoff, der unsere Welt zum Guten verändern kann. Man kann das nun als naiv abtun – es bleibt dennoch schlichte, uralte Wahrheit: Den allerersten Ansatz zur Arbeitsteilung finden wir im ersten Vers der Bibel. Der Geist Gottes vibriert erwartungsvoll über den Wassermassen und wartet auf das schöpferische Wort Gottes, des Vaters, um endlich zusammen – und arbeitsteilig – loszulegen! Im Buch der Sprüche wird für diesen ursprünglichen Schöpfungsmoment noch ein Dritter im Bunde benannt: “…als er dem Meer seine Grenzen setzte…das stand ich als Werkmeisterin ihm zur Seite…” (Sprüche 8,29-30). Wer immer damit gemeint ist, ob ein ewiges Weisheitsprinzip oder der Sohn Gottes selbst – hier wird jedenfalls zusammengearbeitet und jeder übernimmt seinen Part.

Arbeitsteilung stand am Anfang – und Arbeitsteilung ist bis heute der Schlüssel zum Wohlstand. Wem haben wir es zu verdanken, dass heute Menschen mit AIDS leben und sogar alt werden können? Es ist schwer möglich, jemanden zu benennen: Da war der Müller, der Getreide, das von einem Landwirt produziert wurde, in Mehl verwandelte. Der Pizzabäcker hat daraus die Pizza gebacken, die der Pizzabote an das Labor lieferte, in dem irgendwelche Nerds an komplizierten Formeln gearbeitet haben, aus denen neue Medikamente entwickelt wurden, die andere Forscher armen Mäusen injiziert haben, um die Wirkungen und Nebenwirkungen für die Zulassung als Medikamente zu prüfen.

Das war nur ein kleiner Einblick in die Arbeitsteilung als Treibstoff für Wohlstand: Der Straßenarbeiter, die Lehrerin, die Klofrau auf der Autobahnraststätte – bis hin zu den Frauen, die unter Schmerzen all diese Leute, die sich heute die Arbeit teilen, geboren haben… jeder hat einen Anteil. Irgendwann wird jemand den Nobelpreis für das ultimative HIV-Medikament erhalten. Es wird wahrscheinlich nicht der Pizzabote sein – obwohl ohne ihn der Forscher in seinem Labor bis zur Serienreife des Medikaments -zigmal verhungert wäre!

Das alles konnte nur stattfinden, weil es ein Land gab – wahrscheinlich in der westlichen Welt – in der eine Regierung bereit war, bei Bedarf direkt Gewalt anzuwenden um Störenfriede davon abzuhalten das betreffende Labor auszurauben. Und es war der eine oder andere Richter beteiligt, der im Laufe von Jahren und Jahrzehnten dafür sorgte, dass im Umfeld des entsprechenden Labors die Korruption in der Arzneimittelindustrie so eingedämmt wurde, dass die Nerds überhaupt eine Chance bekamen, gerade ihr Produkt auf den Markt zubringen. Ach ja, und das Patentamt hätten wir beinahe vergessen – ohne seinen Einsatz hätte kein Geldgeber die Millionen locker gemacht, die diese ganze Entwicklung gekostet hat.

So geht Arbeitsteilung und so geht Wohlstand. Und da draußen ist nicht die eine Welt, sondern es sind zwei Welten – nur einen Mausklick voneinander entfernt, aber so unterschiedlich, dass wir sogar von verschiedenen Universen sprechen könnten: Eine Welt der funktionierenden Arbeitsteilung, in der Wohlstand zunimmt und medizinischer Fortschritt voranschreitet – und eine andere Welt, in der die Armut zuhause ist, die Gewalt und die organisierte Krimminalität. Statt alltäglicher Arbeitsteilung gibt es alltägliche Demütigung und Unschuldige geraten zwischen Fronten rivalisierender Ausbeuter des Bisschen, das der Mangel und die Armut noch übrig gelassen haben.

In welcher Welt wollen wir leben? Die Antwort ist einfach, aber kein Selbstläufer. Aktuell und in Echtzeit zeigt uns Venezuela, wie eine einzige Wahl ausreichen kann, ein ganzes Land in kürzester Zeit von der einen in die andere Welt zu befördern. Lasst uns in diesem Neuen Jahr gut auf diese unsere Welt aufpassen in der wir “gut und gerne leben” wie das mal eine Politikerin gesagt hat. Jeder kann mitmachen, hier ein paar praktische Tipps:

  • Lasst uns dankbar ein für das Gemeinwesen, in dem wir leben dürfen – vielleicht sogar ein bisschen stolz?
  • Beten wir für unser Land und unsere Regierung – gerne in die Richtung des oben beschriebenen: Für die Aufrechterhaltung rechtsstaatlicher Ordnung in sicheren Grenzen und für Freiheit!
  • Nutzen wir die Möglichkeiten der Arbeitsteilung, wie sie hier möglich sind: Vielleicht ist es für Sie dran, eine Putz- Haus oder Gartenhilfe einzustellen, um sich besser den Dingen widmen zu können, die Sie richtig gut können? Vielleicht sollten Sie gar eine Firma gründen, um für die Erreichung Ihrer Ziele eine geeignete Startbasis zu bekommen?
  • Ehren wir die Menschen, die uns in dieser schönen und reichen arbeitsteiligen Welt den Rücken freihalten: Das heißt konkret respektvollen Umgang mit dem Pizzaboten und ordentliches Trinkgeld! Meine Jungs sind hier ein Vorbild für mich – sie verlassen niemals eine Dönerbude, ohne einen Euro Trinkgeld gegeben zu haben. Einfach um den Menschen hinter dem Tresen, der gerade für sie das Essen zubereitet hat, zu ehren.
  • Und wenn Sie an einen Punkt kommen, an dem der Frust zuschlagen will, weil Ihnen Ihre Tätigkeit so unbedeutend vorkommt – denken Sie daran: Sie liefern jetzt gerade nicht nur einfach eine Pizza aus – NEIN! Sie machen etwas völlig anderes – etwas mit viel mehr Würde, ja mit Adel: Sie bewahren einen künftigen Nobelpreisträger vor dem Hungertod 🙂

In diesem Sinne: Ein frohes und gelingendes Neues Jahr 2019!

Ihr Bernd Kollmann