Da gibt man sich eine riesen Mühe und sucht den geeigneten Bauplatz. Dann bittet man Freunde, mitzuhelfen, und beginnt, sein Traumhaus zu errichten. Stein auf Stein – oder wie in diesem Fall – jeder trägt eine Mundvoll Spucke mit Zellstoff bei und kleistert fröhlich, aber planvoll drauflos.
Das Traumhaus nimmt mehr und mehr Form an – bis plötzlich die Nachbarn anfangen, auch zu bauen. Direkt nebenan:
Leider sind die Neuen nicht gerade friedlich! Die Leute, die vor ihnen angefangen haben, stehen ganz oben auf ihrer Speisekarte. Hier ein Bild der hungrigen Gesellen, die nun frisch zugezogen sind:
Hornissen leben von Wespen. Was für ein Alptraum für unsere ersten Häuslebauer – aber es heißt nun mal Immobilie, weil man damit einfach nicht mobil ist. Die beiden Familien müssen nun irgendwie miteinander zurechtkommen – oder eine von beiden wird untergehen. Was sich da in unserem Garten abspielt, hält einige sehr spannende Lektionen fürs Leben bereit.
An dieser Stelle ist eine Triggerwarnung angebracht: Es geht mir überhaupt nicht darum, Menschen traurig zu machen, die in Miete leben. Es gibt Menschen, die (a) andere Lebensentwürfe verfolgen als Haus- und Grundbesitz – und das ist natürlich total ok. Bei anderen haben sich (b) gravierende Lebensumstände so entwickelt, dass an den Kauf eines Hauses oder einer Wohnung nicht zu denken ist. Das Folgende soll eine Ermutigung für alle sein, auf die weder (a) noch (b) zutrifft. Nur darum geht es, alles klar?
Immobilienbesitz macht etwas mit uns- und nicht das Schlechteste! – Echt jetzt? JA! Hier sind die Gründe:
Wir werden zu Gestaltern
Wir werden auf einer anderen Ebene zu Gestaltern und Schöpfern unserer Welt. Wir entscheiden Prioritäten: Design oder Nutzen? Repräsentation oder Funktionalität? Privatsphäre oder Willkommen? Klar kann ein Mieter auch gestalten, er legt dann eine entsprechende Motto-Fußmatte vor die Tür. Oder so. Der Besitzer jedoch bestimmt über Hecken und Zäune, Tore und Bäume, Flaggenstange und Wege. Über Verschlossenheit oder Einsehbarkeit. Am Ende darüber, ob sein Anwesen einer Burg ähnelt oder einem Schloss, ob es eher eine lauschige Laube ist oder ein ansehnliches Anwesen. Und: Das geht nicht nach Tageslaune, sondern baut sich über die Jahre auf.
Wir prägen Kultur in einer anderen Dimension
Die Kultur, die jemand pflegt, strahlt in die Nachbarschaft aus und gestaltet so die nähere Umgebung mit. Ein Beispiel: Neben mir wohnt ein Künstlerpaar, das mindestes zweimal im Jahr sein Haus für eine Vernissage öffnet. Wir selbst verkaufen Honig, den unsere Bienen in der Umgebung sammeln. Das bedeutet, jeder, der möchte, kann unsere Häuser ohne persönliche Einladung betreten – in Sachen Kunst oder in Sachen Honig. Seit Jahren. Das macht etwas mit der Umgebung. Und zwar in einer anderen Dimension, als wenn Mieter sich so verhalten – es hat etwas dauerhaft-prägendes und Definitives.
Wir lernen, legitime Grenzen zu markieren und sie zu verteidigen
Was ist meins, wo beginnt das Nachbargrundstück? Was geschieht, wenn mein Unkrautsamen zum Nachbarn fällt oder umgekehrt? Wie gehe ich damit um? Was gebe ich auf von dem, das zu mir gehört, um Frieden zu bewahren? Worauf beharre ich, um nicht zur Salami für andere zu werden? Z.B. werden bei uns Rehe ausgesperrt, indem wir einen Weidezaun um unser Grundstück haben. Das führt leider zu größerer Belastung durch Rehe bei den Nachbarn. Dafür haben wir Tulpen und Rosen – die Nachbarn nur, wenn sie ihre Tulpen und Rosen mitten in den Bärlauch setzen. Oder extra einzäunen.
Wir werden dazu angeleitet, das Beste aus den “im-mobilen” (also unbeweglichen) Gegebenheiten zu machen
Um des höheren Ziels willen Kröten zu schlucken oder Konflikte auszuhalten, einen langen Atem zu entwickeln und aus der gegebenen Situation das Beste herauszuholen – in diese Richtung prägen Immobilien. Menschen brauchen solche Anreize für ihre Entwicklung. Und übrigens: Die oben beschriebenen Wirkungen verstärken sich exponentiell, wenn man sich ihnen z.B. als Ehepaar im Team aussetzt 🙂 .
Verharren oder Weichen?
Mieter neigen eher dazu, es woanders neu zu versuchen – Besitzer wägen sehr genau ab, ob Verharren oder Weichen die bessere Option ist. Nicht unbedingt, weil es eine Tugend ist oder von noblem Charakter zeugt, der Besitzer wird aus handfesten wirtschaftlichen Überlegungen dazu regelrecht gezwungen – besonders in den ersten Jahren nach Bau oder Kauf. Denn: Die Frage nach Beharren oder Weichen kann über das Ergebnis seiner Lebensinvestition entscheiden.
Immobilienbesitz macht etwas mit Menschen – und diese Effekte sind nicht zu verachten. Kein Wunder spielen Immobilien in der Bibel eine große Rolle: den ersten Menschen wird ein Garten anvertraut, dem Volk Gottes wird Land in definierten Grenzen gegeben (siehe z.B. Psalm 80,9-20) und das höchste irdischen Glück eines reifen Menschen im Alten Testament ist „…unter seinem Weinstock und unter seinem Feigenbaum zu sitzen“ (1. Könige 4,25, Micha 4,4 und viele andere Stellen). Obwohl das Neue Testament viel von der Hoffnung auf die künftige Herrlichkeit spricht, knüpft es positiv an die Priorität des Immobilienbesitzes an, sogar an prominentester Stelle in den Seligpreisungen: „Selig die Sanftmütigen, denn sie werden das Land erben/besitzen.“ (Matthäus 5,5, je nach Bibelübersetzung).
Leider ist das Bewusstsein dieser wichtigen Wahrheit in unserer Gesellschaft in den Hintergrund getreten. Es wird an keiner Schule unterrichtet. Es hat keine politische Priorität. Im Gegenteil: Schon seit einigen Jahren werden Immobilienbesitzern immer neue und höhere Hindernisse in den Weg gelegt (Kosten, Auflagen, Steuern und das Madigmachen des Eigenheims aus ökologischen Gründen). Im Ergebnis sinkt die Eigenheimquote in Deutschland stetig. Dieser Prozess ist nun soweit fortgeschritten, dass eine neue Generation Landloser in dem Bewusstsein heranwächst, dass Eigentum weder erwünscht noch erstrebt und schon gar nicht erschwinglich ist. Man könnte es auch etwas überspitzt so ausdrücken: Wir erziehen unsere jungen Menschen politisch dazu, die Wohnungen und Häuser anderer Menschen abzuzahlen – denn nichts anderes ist ein Mietverhältnis, wenn man es auf lange Sicht zu ende denkt.
Das sind keine guten Aussichten für Heranwachsende in Deutschland. Was ist zu tun? Es gibt Möglichkeiten, diesen Zustand zu ändern! Immobilienbesitzer, die obigen Ausführungen bejahen können, sollten sich folgendes Angewöhnen: Hör direkt auf zu Klagen und rede positiv über die Möglichkeiten von Land- und Hausbesitz. Gerade zu jungen Menschen. Denn: Viele Immobilienbesitzer klagen gerne und heben hervor, welche Last so eine Immobilie bedeutet – die unglaublichen Vorzüge jedoch genießen sie eher stillschweigend. Das ist unangebracht und töricht. Mach es umgekehrt: Rede darüber, wie deine Immobilie dich zum Guten verändert hat, was sie mit deinem Charakter in Sachen Reife gemacht hat und wie du die Freiheit des Gestaltens genießt. Mach’ deutlich, warum es sich aus diesen Gründen – und vielen mehr – unbedingt lohnt, Landbesitz anzustreben.
Alles klar? Fröhlich voran!
Dein Bernd
P.S. Ein Nachsatz für Menschen, die Zeitgeist-Sprech mögen oder damit zu tun haben – und denen Achtsamkeit und bewusstes Leben ganz wichtig sind: Immobilienbesitz verändert dich. Mieter neigen dazu, als achtsame Menschen eher in der “Stakeholder-Blase” zu leben – du sorgst dich über Anliegen, an denen du keinen oder nur wenig Anteil hast. Sehr leicht kommt man dabei auf die Schiene, über Dinge besorgt zu sein, die anderen gehören. Deshalb sind Stakeholder besorgte, achtsame Menschen, die dauernd begründen müssen, warum sie das angeht, worüber sie besorgt sind, oft auch vor Gericht – siehe die Klimakleber als typische “Stakeholder”. Ein Haus- oder Grundstücksbesitzer ist mehr “Shareholder” und entsprechend weniger “Stakeholder”. Es besitzt das, worum er besorgt ist und trägt Verantwortung dafür. Konkret jetzt gerade in meinem Fall: Das Hornissennest ist auf meinem Grundstück in meinem Geräteschuppen. Ich mag die Tiere und möchte sie schützen (nicht nur, weil es gesetzlich vorgeschrieben ist). Ich könnte auch anders, als Imker besitze ich die Ausrüstung, das Hornissennest entfernen zu können. Ich möchte das aber nicht. Dafür verzichte ich auf bestimmte Nutzungsmöglichkeiten für meinen Schuppen und muss auch meine Familie davon überzeugen, dass dies angemessen ist. Aber all das entscheide ich nicht wohlfeil auf dem Rücken anderer als “Stakeholder” der seine Besorgnis und Achtsamkeit anderen aufdrängt, sondern auf meinem eigenen Rücken als “Shareholder”. Das schärft mein Bewusstsein eigener, legitimer Verantwortung – ohne anderen dauernd auf die Nerven zu gehen. So möchte ich leben.