Europäische Probleme und echte Probleme

Emilie Ratelmand aus den Niederlanden, von Beruf Motivationssprecher und 69 Jahre alt, fühlt sich schwer diskriminiert. Er ist sich nämlich sicher, dass sein gefühltes Alter höchstens 49 ist. Deshalb wünscht er sich nun eine Art “Gleichstellungsgesetz”! Er möchte, dass Gefühle über das Alter gleichermaßen anerkannt werden wie Gefühle über das Geschlecht. Und weil man sein Geschlecht ändern kann, muss auch das Alter abänderbar werden. Denn wer gibt einem 69-jährigen noch einen Immobilienkredit? Schlimmer noch: Wer will einen 69-jährigen auf einer Datingplattform kennenlernen? Mit 49 wäre alles kein Problem, doch diese Welt ist Emilie Ratelmand ungerechterweise verschlossen! Was ist falsch an seinem Argument? Nichts! Wenn wir es in unserer europäischen Gesellschaft als rechtmäßig ansehen, dass “gefühlte Geschlechtlichkeit” die biologische Geschlechtlichkeit aussticht, warum sollte dann nicht auch das “gefühlte Alter” das biologische Alter ausstechen? Nach dieser Logik ist der Gesetzgeber verpflichtet, dafür einen entsprechenden Rahmen zu schaffen. Es ist also nur eine Frage der Zeit, bis sich der europäische Gerichtshof für Menschenrechte mit dieser Frage befassen wird. Soviel zu unseren Problemen. 

Nur drei Flugstunden entfernt schlagen Raketen ein. Hunderte. In Gaza hat sich die Hamas mit Hilfe der Hisbollah aus dem Libanon und mit Iranischer Raketentechnologie hochgerüstet und schlägt jetzt zu. Menschen suchen Schutzbunker auf, Schulen müssen geschlossen bleiben. IDF (Israel Defence Forces) schlägt zurück. So wie sich jeder andere Staat gegen Angriffe von außen verteidigen würde. Doch dann kommt für Israel noch eine zweite Front dazu: Die europäische Medienfront. Schon jetzt ist klar, wie die deutschen und europäischen Medien reagieren werden: Wutentbrannt. Kein Vergleich zum sanften Protest bei der Annektion der Krim, den Toten im syrischen Bürgerkrieg oder den tausenden Morden der Taliban. Denn für Deutsche gelten zwei Maßstäbe: Einer für die Welt und ein anderer für Israelis und Amerikaner. Tote Israelis und tote Amerikaner haben das irgendwie verdient. Besonders wir Deutschen leben ja nach dem Motto: “Nie wieder Täter werden!” Damit fühlen wir uns als Gutmenschen, als Besserwisser und, weil ja an unserem Wesen die Welt genesen soll, als Oberlehrer der Welt. Und da wir obendrein seit Jahrzehnten in sicheren Grenzen leben, schaffen wir es einfach nicht, uns hineinzuversetzen in die Lage eines Volkes, das aus sehr guten Gründen nach dem Motto lebt “Nie wieder Opfer werden”. Glücklicherweise werden sich die Israelis von unserer Befindlichkeit nicht sonderlich beeindrucken lassen – es wäre auch lebensgefährlich.

Zurück zur Überschrift: Es ist heilsam, hin und wieder einen Schritt zurückzutreten und den Blick zu weiten. Das hilft zu unterscheiden: Was sind echte Probleme und Herausforderungen – und was Problemchen, die man auch gut vernachlässigen könnte? Was für die große weite Welt gilt, gilt natürlich genauso für unser kleines Leben: Wo sind Problemchen, die niemals das Recht bekommen sollten, unsere Köpfe zu füllen – und was sind die wahren Herausforderungen? Wo ist Gelassenheit das Gebot der Stunde – und wo können wir uns es keinesfalls leisten, passiv zu bleiben? Ich wünsche Dir, lieber Leser, diesen weiten Blick, gesundes Unterscheidungsvermögen und dann die nötige gesunde Entschlossenheit in der Umsetzung der gewonnenen Erkenntnisse!   

 

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